Was ist RPE?

Wenn du dich schon etwas im Bereich Trainingsplanung umgeschaut hast, dann bist du vielleicht schon auf Hinweise wie RPE 8 (=“Rating of Perceived Exertion“ in dt. „Bewertung der empfundenen Anstrengung“) oder RIR 1,5 (=“Reps in Reserve“ in dt. „Restwiederholungen“) gestoßen. Es geht also darum, nicht immer an die Belastungsgrenze zu gehen, sondern sich dieser Stück für Stück anzunähern.

In diesem Text möchte ich dir erklären, was es damit auf sich hat und warum es Sinn hat für fortgeschrittene Lifter sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Gerade im Powerlifting findet diese Herangehensweise zur Trainingsplanung Verwendung.

Gleich vorweg, wenn du noch ziemlich am Anfang deiner Trainingskarriere stehst, dann kannst du gerne weiterlesen aber solltest diese Art des Trainings noch nicht anwenden. Am Anfang kommt man selten in Bereiche, die einem die Regeneration erschweren. Bis auf den Muskelkater hat man wenige Probleme und kann sich meist jede Trainingswoche neue Ziele setzen.

Wie die deutsche Übersetzung schon andeutet geht es bei RPE um die Bewertung der Anstrengung, die du beim Ausführen einer körperlichen Betätigung empfunden hast. Die dort hinter verborgene Skala wurde von dem schwedischen Psychologen Gunnar Borg erfunden und ging im Ursprung von 6 – 20. Diese Skala fand gerade im medizinischen Bereich Anwendung.

Wir wollen uns allerdings eher mit der RPE Skala bis 10 beschäftigen, die heutzutage vermehrt Anwendung findet. Gleichzeitig schauen wir uns auch noch RIR, also das Konzept der „Restwiederholungen“ bzw. „noch möglichen Wiederholungen“.

Wie funktioniert RPE?

Im Kraftsport und gerade im Powerlifting gibt es eine relativ simple Anwendung der RPE Skala:

RPE RIR Skala

RPE wird also simpel auf die noch mögliche Anzahl an Wiederholungen reduziert. Im Bezug auf Powerlifting oder anderen wiederholungsbasierten Übungen im Kraftsport ist das eine gute Anwendung.

Beispiel: RPE ersetzt bei Verwendung im Trainingsplan die Prozentangabe.
Wenn du also RPE 8 für 6 Wiederholungen als Angabe dort stehen hast, dann solltest du ein Gewicht wählen, mit dem du nach den 6 Wiederholungen noch 2 weitere schaffst.

Allerdings ist das nicht der Ursprungsgedanke, sondern es geht lediglich um die subjektive Bewertung der empfundenen Anstrengung. So kann man auch einen Übertrag zu anderen Übungen wie dem Farmers Walk oder Sportarten wie dem Laufen schaffen.

Wer sollte mit RPE trainieren?

Wie eingangs erwähnt, als Anfänger kannst du dich gerne informieren, solltest aber noch nicht so trainieren. Da stellt sich natürlich die Frage, wie definiere ich Anfänger? Ich selbst, bezeichne mich mit 7 Jahren Trainingserfahrung teilweise immer noch als Anfänger. Zumindest in Bezug auf meine Kraftwerte… Allerdings sehe ich mich wegen den 7 Jahren Erfahrung eben nicht mehr als Anfänger, sondern habe mittlerweile gelernt meine Leistungen einschätzen zu können. Vor allem bin ich in der Lage zu reflektieren ob mich mein Training vorangebracht hat oder nicht.

Damit die Verwendung der RPE-Skala Sinn ergibt, solltest du schon einmal Stagnation im Training erlebt haben. Also eine Phase, in der du ohne Veränderungen nicht die Intensität oder das Volumen steigern konntest. Du solltest dein Training vor allem aber reflektieren können. Die Einschätzung wie nahe am Limit du dich bewegst, ob du einen guten oder schlechten Tag hast, spielen beim Training nach RPE eine entscheidende Rolle.

Powerlifting Kreuzheben
RPE findet in der Trainingsplanung für Powerlifting viel Anwendung

Daher bin ich der Meinung, dass das System nur etwas für Trainierende mit fortgeschrittener Trainingserfahrung ist. Wenn du dich weiterhin jede Woche in Gewicht und Volumen steigern kannst, dann bleibe dabei und gehe weiterhin nahe ans Limit, wenn dir das dein Plan so vorgibt. Insbesondere Powerlifter oder andere Wettkampfsportler im Kraftsport können aber von RPE profitieren. Mit vier Einheiten Bankdrücken in der Woche, ist es nicht sinnvoll jedes mal bis zum Muskelversagen zu trainieren. Deine passiven Strukturen können sich in dieser kurzen Pause kaum regenerieren, wenn du jedes Mal ans Limit gehst.

Vorteile RPE

  • Regeneration! Durch einen Trainingsplan mit RPE kommst du sozusagen autoreguliert in den Genuss der nötigen Regeneration. Sind wir mal ehrlich, wir alle wollen immer mehr Gas geben und mehr Gewicht bewegen. RPE schiebt da schon einen besseren Riegel vor, auch wenn man sich mal überschätzt, wieviele Wiederholungen noch möglich gewesen wären.
  • Höhere Frequenz. Durch die bessere Regeneration ist eine viel höhere Frequenz in Bezug auf die Trainingseinheiten möglich. Das wird langfristig gesehen zu mehr Erfolgen führen.
  • Besser für das Ego. Meiner Erfahrung nach, hat es einen klaren Vorteil im Bezug aufs Training, wenn man mal nicht ganz so auf der Höhe ist. Es ist leichter damit umzugehen, dass man doch nur noch eine Wiederholung bei RPE 8 reinbekommen hätte, als wenn man mal wieder die „roll of shame“ machen muss, weil man sich prozentual komplett überschätzt hat. Das ist natürlich sehr individuell aber ich denke viele können diese Einstellung nachempfinden.

Nachteile RPE

  • Nichts für Anfänger. Meiner Meinung nach verschenken Anfänger mit der Verwendung von RPE etwas an Fortschritt. Gerade am Anfang hat man noch die Möglichkeit oft alles zu geben und sich richtig im Training zu fordern. Aufgrund weniger Muskelmasse, ist die entsprechende Regeneration nicht so fordernd. Auch die passiven Strukturen werden bei den noch nicht so hohen Gewichten, nicht ganz so stark gefordert.
  • Schwer einzuschätzen. Ebenfalls ein Problem für Anfänger, ist die Einschätzung der Anstrengung, wenn die Erfahrung bisher fehlt. Vor allem wenn es um die leichteren Sätze mit zum Beispiel RPE 7 geht, ist es schwer das richtige Gewicht zu wählen. Daher bedarf das Training im Anschluss auf jeden Fall einer guten Reflexion, um die richtigen Anpassungen für die nächste Einheit vorzunehmen.

RPE vs. RIR

Um RPE mehr auf Powerlifting anzupassen, hat Mike Tuchscherer RIR (=Reps in Reserve) entwickelt. Dabei handelt es sich um die einfache Übersetzung, die wir oben auch vorgenommen haben. RPE 10 entspricht RIR 0, RPE 9 eben RIR 1, usw.

Es gibt also keinen Unterschied, wenn man RPE auch entsprechend anwendet. RIR ist eben etwas einfacher zu erklären und leichter anzuwenden, wenn man den gesamten Kontext von RPE sieht. Aber wie schon gesagt, arbeitet man mit den verbleibenden Wiederholungen, dann gibt es keine Unterschiede zwischen den beiden Skalen/Systemen.

Marcel
Marcel

Hi, ich bin Marcel und schreibe hier über meine Erfahrungen aus den Bereichen Fitness, Kraftsport und Kettlebell Training, die ich seit 2015 sammeln konnte. Vor allem im Bezug auf Training im Home Gym. Neben verschiedenen Tipps und Tricks fürs Training oder Ernährung, schreibe ich auch ausführliche Testberichte zu Home Gym Equipment und anderen Produkten.

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